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Das Mädchen und der Brunnen


In einem kleinen Dorf in einem unbedeutenden Teil des Landes, das einmal als „Deutschland“ bekannt werden würde, gab es in der Dorfmitte einen großen Brunnen.
Dieser Brunnen war so niedrig, dass selbst ein Kleinkind ohne Probleme den Rand erreichen konnte.

So kam es eines Tages, wie es kommen musste:
Ein kleines Mädchen, das mit ihrer Mutter einkaufen gekommen war, sah den Brunnen. Als die Mutter an einigen, vor dem Laden stehenden, Blumenkästen vorbei in einen Laden ging, verlor sie die Hand ihres Kindes aus ihrer Hand.

Und das Kleine tapste Richtung Brunnen.

Einige Männer aus dem Dorf sahen das Kind, doch sie dachten sich nichts dabei. Jeden Tag liefen Leute zum Brunnen – was sollte daran anders sein?

Das Mädchen erreichte den Brunnen.

Einer der Herren guckte etwas länger zu dem Kind und meinte dann, ohne sich an jemand Bestimmten zu wenden: „Es wird schon nichts passieren. Es ist noch nie etwas passiert.“

Das Kind kletterte auf den Rand.

Ein anderer Herr meinte nur: „Wir hatten ja noch nie Probleme mit dem Brunnen. Warum sollte sich das ändern?“

Da machte es „Platsch“.

Alle Herren sprangen auf und rannten zum Brunnen – unten im Wasser lag das Kind und versuchte verzweifelt, nicht unter zugehen.
Und die Herren reagierten – sie machten Pläne, wie man eine solche Katastrophe verhindern könnte. Sie überlegten, ob das Kind nicht besser eine andere Richtung hätte einschlagen sollen. Letztlich kamen sie überein, dass das Kind selbst schuld an seiner Lage sei.

Doch dem Kind – dem half keiner.



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